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- Pflegekasse & Pflegefinanzierung
Pflegezusatzversicherung: Leistungen, Kosten & Optionen
Die gesetzliche Pflegeversicherung ist eine sogenannte Teilkostenversicherung, sie kommt also nur für einen Teil der tatsächlichen Pflegekosten auf. Damit drohen im Fall der Pflegebedürftigkeit hohe Selbstbeteiligungen. Um hohen Kosten vorzubeugen, können Sie eine Pflegeversicherung privat mit einer Pflegezusatzversicherung ergänzen.
Das Wichtigste in Kürze
- Der gesetzliche Versicherungsschutz deckt nur einen Teil der Kosten im Pflegefall ab – hier gibt es festgelegte Summen, die je nach Pflegegrad variieren.
- Eine Pflegezusatzversicherung kann die Kosten der Pflegebedürftigkeit im Alter abdecken. Die Produkte unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Beiträge und Leistungen erheblich.
- Das beliebteste Produkt mit Blick auf Flexibilität und Preis-Leistungs-Verhältnis ist die Pflegetagegeldversicherung.
Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung
Die gesetzliche Pflegeversicherung beteiligt sich nur anteilig an den Kosten, die im Pflegefall entstehen. Versicherte tragen im Falle des Pflegebedarfs einen hohen Eigenanteil. Die unten stehende Tabelle zeigt, was Ihnen – je nach Versorgungsform – bei einer Pflegebedürftigkeit zusteht.
Pflege durch Angehörige / Laien zu Hause | professionelle Pflege zu Hause | vollstationäre Pflege im Heim | |
Pflegegrad 1 | 0 Euro* | 0 Euro* | 0 Euro* |
Pflegegrad 2 | 347 Euro | 761 Euro | 770 Euro |
Pflegegrad 3 | 599 Euro | 1.432 Euro | 1.262 Euro |
Pflegegrad 4 | 800 Euro | 1.778 Euro | 1.775 Euro |
Pflegegrad 5 | 990 Euro | 2.200 Euro | 2.005 Euro |
* Zusätzlich erhält jede pflegebedürftige Person, unabhängig von ihrem Pflegegrad (d. h. auch bei Pflegegrad 1), einen monatlichen Entlastungsbetrag in Höhe von 125 Euro für Unterstützungsleistungen.
Mit der gesetzlichen Pflegeversicherung droht eine Finanzierungslücke
Auf den ersten Blick erscheint die Unterstützung umfangreich. Bei der Pflege zu Hause und im Pflegeheim kommen Beteiligte durch hohe Kosten aber schnell an ihre Grenzen. Das verdeutlichen folgende Fakten:Laut Sozialverband VdK muss ein pflegebedürftiger Mensch für das Pflegeheim im ersten Jahr monatlich 2.576 Euro aus eigener Tasche zahlen.
- Viele Personen können den Eigenanteil nicht alleine bewältigen – im Jahr 2022 beanspruchten hierzulande etwa 377.000 Personen deshalb Hilfe zur Pflege.
- Für den Eigenanteil kommen die Versicherten mit ihrem Ersparten selbst auf. Eine Ausnahme ist hier lediglich das sogenannte Schonvermögen nach § 90 SGB XII. Das Schonvermögen umfasst beispielsweise Barvermögen in Höhe von 10.000 Euro oder eine angemessene Immobilie.
Eine zusätzliche Absicherung, zum Beispiel in Form einer privaten Pflegeversicherung, ist also für viele Menschen sinnvoll.
Gut zu wissen
Auch Ehegatten und Lebenspartner:innen können an den Kosten beteiligt werden, die eigenen Kinder ab einem jährlichen Bruttoeinkommen von 100.000 Euro. Reicht all das nicht aus, springt in letzter Instanz das Sozialamt (Hilfe zur Pflege) ein.
Leistungen der privaten Pflegeversicherung
Eine private Pflegezusatzversicherung dient dazu, den Eigenanteil im Falle der Pflegebedürftigkeit zu reduzieren oder komplett zu übernehmen. Das verhindert, dass Sie auf Ihr Erspartes zurückgreifen müssen – im Optimalfall brauchen Sie dennoch nicht auf eine hohe Pflegequalität verzichten.
Der genaue Leistungsumfang variiert dabei je nach Modell. Von der Übernahme der tatsächlichen Kosten über die Zahlung eines Tagesgeldes bis hin zu einer Rentenzahlung, die zur freien Verfügung steht, ist alles möglich. Damit einher geht nicht nur ein großer Unterschied in den Beitragshöhen, sondern auch in der Flexibilität der Verträge – – ähnlich wie bei privaten Krankenversicherungen.
Welche Formen der Pflegezusatzversicherungen gibt es?
Anbieter von Zusatzpflegeversicherungen bieten drei unterschiedliche Modelle an, die wir Ihnen im Folgenden vorstellen.
Die Pflegekostenversicherung
Bei der Pflegekostenversicherung gibt es zwei unterschiedliche Varianten.
- Die erste Variante verdoppelt die Leistungen, die die gesetzliche Pflegekasse bietet, meist ohne zusätzlichen Nachweis. Dadurch steigen die Beträge in Abhängigkeit zum Pflegegrad automatisch an.
- Bei der zweiten Variante tritt die Versicherung für die Kosten ein, die nicht durch die gesetzliche Pflegeversicherung gedeckt sind. Hier ist ein Nachweis über alle Kosten erforderlich. Der Nachteil: Es sind nur Leistungen abgedeckt, die im Katalog der Versicherung aufgelistet sind. Außerdem ist die Maximalsumme bei vielen Verträgen begrenzt.
Beide Modelle haben eine Gemeinsamkeit: Im Falle der häuslichen Pflege durch pflegende Angehörige werden in der Regel nur geringe Summen erstattet. Damit eignet sich dieses Modell insbesondere, wenn Sie sich sicher sind, dass die Pflege im Alter durch professionelle Dienste (ambulanter Pflegedienst) erfolgen wird.
Vorteile der Pflegekostenversicherung | Nachteile der Pflegekostenversicherung |
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Die Pflegerentenversicherung
Bei dieser Variante – der Pflegeversicherung als Lebensversicherung – stehen die Beiträge für die gesamte Laufzeit fest. Im Leistungsfall zahlt die Versicherung eine monatliche Rente, über die Sie frei verfügen können.
Die Zahlungen sind hier in der Regel nach dem Pflegegrad gestaffelt. Manchmal gibt es mit Pflegegrad 1 oder Pflegegrad 2 noch kein Geld und die volle Rentenhöhe bei einigen Anbietern erst mit Pflegegrad 5. Tritt die Pflegebedürftigkeit ab einem bestimmten Alter nicht ein, werden Leistungen teilweise als monatliche Rentenleistungen erbracht.
Bei dieser privaten Pflegezusatzversicherung sind die Tarife vergleichsweise hoch, sodass Expert:innen aufgrund des Preis-Leistungs-Verhältnisses eher von der Variante abraten.
Vorteile | Nachteile |
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Die Pflegetagegeldversicherung
Wie bei der Pflegerentenversicherung zahlt der Anbieter im Falle der Pflegebedürftigkeit eine feste Summe (hier pro Tag), die vom Pflegegrad abhängt. Der Betrag ist unabhängig von tatsächlich anfallenden Kosten und steht Ihnen zur freien Verfügung. Auch hier wird der volle Betrag meist erst ab Pflegegrad 5 erstattet.
Die Beitragshöhe hängt vom Eintrittsalter und dem Gesundheitszustand ab – je später der Abschluss, desto höher die monatlichen Beiträge. Menschen mit Vorerkrankungen haben grundsätzlich schlechte Karten oder zahlen einen zusätzlichen Risikozuschlag.
Vorteile | Nachteile |
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Pflege-Bahr als Sonderform der Pflegetagegeldversicherung
Pflege-Bahr ist eine Versicherung mit staatlicher Förderung beim Abschluss einer Pflegetagegeldversicherung. Das Angebot richtet sich vor allem an Ältere und Menschen mit Vorerkrankungen, denn diese Versicherungen dürfen niemanden ablehnen, hier findet keine Gesundheitsprüfung statt.
Den Versicherten stehen bei einer Pflegebedürftigkeit mindestens 600 Euro monatliches Pflegegeld bei Pflegegrad 5 zu, die Leistungen der Pflegegrade 1 bis 4 sind gestaffelt. Voraussetzung für die Förderung von 5 Euro ist eine monatliche Mindestbeitragssumme von 10 Euro.
Hier ist also Vorsicht geboten, da die Beiträge oft höher sind und eine Anpassung der Leistungen nicht vorgesehen ist. Auch ist es nicht unüblich, dass die Beiträge im Falle einer Pflegebedürftigkeit weitergezahlt werden müssen und nach Vertragsschluss eine fünfjährige Wartezeit ohne Anspruch auf Leistungen gegeben ist.
Vorteile | Nachteile |
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Private Pflegeversicherung: Kosten
Wenn es um Versicherungen geht, ist die private Pflegeversicherung ein eher teures Vergnügen. Zwar locken die Versicherer mit niedrigen Beiträgen in Höhe von knapp 14 Euro pro Monat – hier sollten Sie aber genau hinterfragen, wie hoch die Absicherung ist. Günstige Tarife erhalten Sie meist nur in jungen Jahren.
Die Stiftung Warentest hat herausgefunden, dass Menschen, die sich im Alter von 55 Jahren, für einen Pflegetagegeld-Vertrag entschließen, etwa 90 Euro im Monat zahlen müssen. Außerdem können der Gesundheitszustand und der Leistungsumfang die Kosten in die Höhe schnellen lassen. Da die Beiträge bei der Pflegezusatzversicherung oft auch im Rentenalter anfallen, sollten Sie sicherstellen, dass Ihr Einkommen langfristig ausreichend hoch ist.
Ist eine private Pflegeversicherung sinnvoll?
In Zeiten steigender Pflegekosten und eines fortschreitenden demographischen Wandels ist es wichtiger denn je, frühzeitig für die Zukunft vorzusorgen. Auch wenn der Gedanke an Pflegebedürftigkeit oft noch weit entfernt scheint, lohnt es sich, bereits frühzeitig über eine Pflegezusatzversicherung nachzudenken. Der Vorteil: Je früher Sie sich absichern, desto geringer sind die Beiträge, und Sie haben die Gewissheit, sowohl im Alter als auch bei einer möglichen Erkrankung gut versorgt zu sein.
Ist eine private Pflegezusatzversicherung sinnvoll? Um diese Frage zu beantworten, sollten Sie sich einige grundlegende Gedanken machen:
- Wie möchte ich in der Zukunft leben? Überlegen Sie, ob Sie im Fall der Fälle eine häusliche Pflege bevorzugen oder ob für Sie eher ein hochpreisiges Pflegeheim infrage kommt. Diese Überlegungen helfen Ihnen dabei, abzuschätzen, welche Pflegekosten in der Zukunft auf Sie zukommen könnten.
- Welche Unterstützung habe ich? Wenn Sie Geschwister, Eltern oder Kinder haben, müssen diese für Ihre Pflegekosten aufkommen, wenn Ihre finanziellen Mittel nicht mehr ausreichen. Wenn Sie keine nahen Angehörigen haben, die Sie im Pflegefall unterstützen könnten, wird eine umfassendere finanzielle Absicherung wichtiger. Eine private Pflegezusatzversicherung kann hier die notwendige Sicherheit bieten, damit Sie sich nicht allein auf die unzureichenden staatlichen Leistungen verlassen müssen. Pflegeheime werden immer teurer und die finanzielle Lücke wird somit immer größer.
- Wie sieht Ihre finanzielle Situation in der Zukunft aus? Auch wenn es schwierig ist, die finanzielle Lage in der Zukunft genau vorherzusagen, kann es sinnvoll sein, frühzeitig Rücklagen zu bilden und sich durch eine Pflegezusatzversicherung abzusichern. Dadurch schützen Sie sich vor möglichen finanziellen Engpässen, die durch sehr hohe Pflegekosten entstehen.
Wenn Sie frühzeitig vorsorgen und sich gegen mögliche Risiken absichern möchten, bietet eine private Pflegezusatzversicherung eine sinnvolle Ergänzung zu den staatlichen Leistungen. Diese decken nur einen minimalen Anteil der tatsächlichen Pflegekosten und reichen nicht aus, um eine angemessene Pflege zu gewährleisten. Stellen Sie sicher, dass Sie im Pflegefall bestmöglich versorgt sind, ohne Ihre Angehörigen finanziell zu belasten.
Gut zu wissen
Private Pflegeversicherung – Leistung und Pflegegrad: Laut Statistischem Bundesamt besitzen etwa die Hälfte aller Pflegebedürftigen einen anerkannten Pflegegrad von 1 oder 2. Es ist somit vorteilhaft, einen Vertrag abzuschließen, bei dem auch in diesen Pflegegraden 300 bis 600 Euro und bei einem Aufenthalt im Pflegeheim unabhängig vom Pflegegrad mindestens 1.500 Euro monatlich ausgezahlt werden.
FAQ – Häufige Fragen zu Pflegezusatzversicherungen
Wie viel kostet eine Pflegezusatzversicherung?
Hier kommt es auf mehrere Faktoren an, zum Beispiel auf das Alter bei Vertragsabschluss. Außerdem beeinflussen die Versicherungsleistungen und der Gesundheitszustand die Kosten.
Wann ist eine Pflegezusatzversicherung sinnvoll?
Eine Pflegezusatzversicherung kann für Menschen sinnvoll sein, die Finanzierungslücken bei den Pflegekosten erwarten und voraussichtlich über kein ausreichendes Vermögen verfügen.
Kann man auch noch im hohen Alter eine Pflegezusatzversicherung abschließen?
Es gibt keine Altersgrenze bei dem Abschluss einer privaten Pflegeversicherung, allerdings steigen die monatlichen Beiträge mit dem Lebensalter deutlich an.
Weiterführende Informationen und hilfreiche Links
- Wie setzen sich die Pflegeheimkosten zusammen? - Sozialverband VdK Deutschland e.V.
- Rund 377 000 Personen erhielten im Laufe des Jahres 2022 Hilfe zur Pflege - Statistisches Bundesamt (destatis.de)
- Elternunterhalt: Kinder zahlen erst ab 100.000 Euro Jahreseinkommen | Verbraucherzentrale.de
- Pflegezusatzversicherung - eine sinnvolle Absicherung fürs Alter? | Verbraucherzentrale.de
- Pflegetagegeldversicherungen im Vergleich: Die besten Tarife für den Pflegefall | Stiftung Warentest