Pflegeunterstützungsgeld: Höhe, Anspruch & Beantragung

Ein Sturz oder ein Unfall reichen manchmal schon aus, dass nahestehende Personen dauerhaft auf Hilfe angewiesen sind und in die Pflegebedürftigkeit rutschen. Dieses plötzliche und unerwartete Ereignis stellt für die Angehörigen nicht nur auf psychischer Ebene eine große Herausforderung dar. Die Organisation der Pflege kostet Zeit – die oft fehlt, wenn man selbst berufstätig ist. Um hier Entlastung zu schaffen, bietet die Pflegekasse das Pflegeunterstützungsgeld an. Dieses greift, wenn Sie sich für einige Tage um die Versorgung pflegebedürftiger Angehöriger kümmern.

Das Wichtigste in Kürze

  • Als Lohnersatzleistung greift das Pflegeunterstützungsgeld, wenn Sie Ihrer Arbeitsstätte für maximal zehn Tage fernbleiben, um nahestehende Angehörige zu pflegen und dadurch einen Verdienstausfall haben.
  • Der Bezug der Leistung ist an bestimmte Voraussetzungen gebunden – der Kreis der pflegenden Angehörigen, bei denen ein Anspruch auf die Leistungen besteht, ist klar definiert.
  • Das Unterstützungsgeld wird durch die Pflegekasse der pflegebedürftigen Person auf Antrag ausgezahlt.

Pflegeunterstützungsgeld als Lohnersatzleistung

Das sogenannte Pflegeunterstützungsgeld ist eine Lohnersatzleistung gemäß § 44a SGB XI. Die Pflegekasse zahlt die Leistung für einen Zeitraum von bis zu zehn Tagen aus, wenn Sie kurzfristig die Pflege eines akuten Pflegefalls in der Familie übernehmen. Diese kurzzeitige Arbeitsverhinderung ist in § 2 PflegeZG definiert:

„Beschäftigte haben das Recht, bis zu zehn Arbeitstage der Arbeit fernzubleiben, wenn dies erforderlich ist, um für einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in einer akut aufgetretenen Pflegesituation eine bedarfsgerechte Pflege zu organisieren oder eine pflegerische Versorgung in dieser Zeit sicherzustellen.”

Gut zu wissen

Sie finden im Internet noch immer die Stichwörter „Pflegeunterstützungsgeld 20 Tage“ – der ausgedehnte Bezugszeitraum bezog sich allerdings ausschließlich auf die Corona-Krise, mittlerweile gelten wieder die 10 Tage.

Wer hat Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld?

Das Pflegeunterstützungsgeld richtet sich an Personen, die sich bereit erklären, die häusliche Pflege eines nahen Angehörigen,

  • in einer akuten Notsituation,
  • für einen kurzen Zeitraum von maximal zehn Tagen zu übernehmen,
  • gleichzeitig jedoch mit beiden Beinen fest im Berufsleben stehen.

 

Ebenfalls wichtig: Es liegt bereits eine Pflegebedürftigkeit vor oder bahnt sich voraussichtlich an. Somit gibt es klare Voraussetzungen für das Pflegeunterstützungsgeld. Sind Sie hingegen erkrankt oder benötigen eine Auszeit von der Pflegesituation, können sich andere Pflegekassenleistungen, wie die Verhinderungspflege anbieten.

Anspruchsberechtigte Berufsgruppen für das Pflegeunterstützungsgeld

Anspruchsberechtigt sind ausschließlich Arbeitnehmer:innen, Auszubildende, geringfügig Beschäftigte und Rentner:innen mit Beschäftigung. Damit haben umgekehrt Selbstständige und Beamte ebenso wenig einen Anspruch auf die Leistungen wie Bezieher:innen von Leistungen nach SGB II und III.

Um die Leistungen zu beziehen, darf kein anderer Anspruch, zum Beispiel aus einer Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber, Kinderpflegekrankengeld der Krankenkasse oder Kinderpflegeverletztengeld durch die Unfallversicherung, gegeben sein.

Der Antragteller darf sich im Zeitraum der Pflegetätigkeiten nicht in einer Familienpflegezeit (§§ 2, 3 FPflZG) oder in Pflegezeit (§ 3 PflegeZG) befinden.

Bei Teilzeitbeschäftigten kann die Leistung beim erstmaligen Auftreten einer akuten Pflegesituation auch auf mehrere Zeiträume verteilt werden.

Teilen sich mehrere Angehörige die Pflegetätigkeiten einer nahestehenden Person, haben sie insgesamt auch nur einen Anspruch auf eine Freistellung von bis zu zehn Arbeitstagen.

Welche Menschen gelten als nahestehende Angehörige?

Das Pflegeunterstützungsgeld greift nur bei der kurzzeitigen Pflege von nahestehenden Angehörigen. Als diese gelten seit einer Gesetzesänderung im Jahr 2015:

  • Großeltern
  • Eltern, Stief- und Schwiegereltern
  • Ehegatten und Lebenspartner:innen sowie Partner:innen einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft
  • Kinder, Adoptiv- und Pflegekinder sowie jene des/der Partner:in, Schwiegersöhne und -töchter
  • Geschwister, Schwägerinnen oder Schwager
  • Enkelkinder

Pflegeunterstützungsgeld: wie oft?

Bisher war es so, dass das Pflegeunterstützungsgeld für jede pflegebedürftige Person nur ein einziges Mal in Anspruch genommen werden konnte. Die Pflegereform 2024 hat das geändert. Ab dem 1. Januar 2024 können anspruchsberechtigte Personen im Ernstfall jedes Jahr die Leistung der Pflegekasse empfangen.

Liegt noch kein anerkannter Pflegegrad der Person vor, muss ein ärztliches Attest bestätigen, dass der Eintritt in die dauerhafte Pflegebedürftigkeit mit der Einstufung in einen Pflegegrad aufgrund des akuten Ereignisses sehr wahrscheinlich ist.

Pflegeunterstützungsgeld berechnen

Die Pflegekasse trägt 90 Prozent des Nettoentgelts – abzüglich der Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung sowie der Arbeitslosenversicherung bei gesetzlich Versicherten. Bei privat Versicherten übernimmt die Pflegekasse die Versicherungsbeiträge.

Haben Sie im vergangenen Jahr beitragspflichtige Einmalzahlungen durch den Arbeitgeber erhalten, liegt die Ersatzleistung bei 100 Prozent des Nettoentgelts. Die 100 Prozent sind dabei unabhängig von der Höhe der geleisteten Einmalzahlung(en). Als maximale Summe pro Tag ist im Jahr 2024 ein Höchstkrankengeld von 120,75 € festgelegt.

Privat Versicherte haben zudem Anspruch auf einen Zuschuss zum PKV-Beitrag in der Höhe des Arbeitgeberanteils bei einer Versicherungspflicht beziehungsweise maximal der tatsächlichen Höhe.

Pflegeunterstützungsgeld Höhe: Beispielrechnungen

  • Beispiel 1: Erna P. unterbricht zwischen dem 14.05. und 23.05. ihre Arbeit, um die Pflege ihres Vaters zu organisieren. In dieser Zeit hat sie einen Netto-Verdienstausfall von 750 €. Im letzten Jahr hat sie von ihrem Arbeitgeber zudem Einmalzahlungen als Urlaubs- und Weihnachtsgeld erhalten. Damit stehen ihr 100 Prozent des Nettoentgelts zu.

    Das Brutto-Unterstützungsgeld liegt damit bei 750 € / 10 Tage = 75 € je Tag. Hiervon werden Kranken- und Rentenversicherung sowie die Arbeitslosenversicherung abgezogen.
  • Beispiel 2: Anneliese S. hingegen entgehen bei ihrer Arbeitsunterbrechung zur Organisation der Pflege ihres Bruders in sechs Tagen 370 € netto. Ihr Arbeitgeber hat im letzten Jahr keinerlei Einmalzahlungen geleistet, sodass sie Anspruch auf 90 Prozent des Nettoentgelts hat.

    Das Brutto-Unterstützungsgeld liegt damit bei 370 € * 90 % = 333 € / 6 Tage = 55,50 € je Tag. Hiervon werden Kranken- und Rentenversicherung sowie die Arbeitslosenversicherung abgezogen.

Pflegeunterstützungsgeld beantragen – so geht’s

Um Lohnersatzleistungen zu beziehen, müssen Sie einen Antrag auf Pflegeunterstützungsgeld bei der Pflegekasse der pflegebedürftigen Person stellen. Oft ist auch ein formloser Antrag auf Pflegeunterstützungsgeld möglich, um den Anspruch geltend zu machen und die Bearbeitungszeit abzukürzen. Die schriftlichen Unterlagen reichen Sie einfach nach.

Folgende Informationen/Unterlagen sind für die Pflegekasse wichtig:

  • ärztliches Attest, das die Hilfebedürftigkeit bestätigt
  • Angaben zu Ihrer Person und der oder dem Pflegebedürftigen
  • Informationen zu Ihrer Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung bzw. Angabe des PKV-Beitrages
  • Angaben zum Nettoentgelt, zum Beispiel durch das Beifügen einer Lohnabrechnung oder einer Bescheinigung des Arbeitgebers (wichtig zur Berechnung des Pflegeunterstützungsgeldes)
  • der beanspruchte Zeitraum inklusive der Anzahl ausgefallener Arbeitstage
  • Informationen zu Einmalzahlungen in den vergangenen 12 Monaten
  • das ausgefüllte Antragsformular der Pflegekasse

Einige Pflegekassen kümmern sich selbstständig um die Ermittlung Ihres Gehalts. Es kann allerdings nicht schaden, die Unterlagen beizufügen, um eine verzögerte Bearbeitung zu vermeiden.

Ärztliche Bescheinigung für das Pflegeunterstützungsgeld: Inhalt

Folgendes muss die ärztliche Bescheinigung für das Pflegeunterstützungsgeld beinhalten:

  • Name der pflegebedürftigen Person
  • Zeitraum der Arbeitsunterbrechung
  • Bestätigung der gegebenen Pflegebedürftigkeit, sofern kein anerkannter Pflegegrad vorliegt
  • Notwendigkeit der Organisation oder Sicherstellung der bedarfsgerechten Versorgung in einer Akutsituation

Gut zu wissen

Im Rahmen Ihrer Mitteilungspflicht müssen Sie Ihren Arbeitgeber unverzüglich darüber in Kenntnis setzen, ab wann und für welchen Zeitraum die Freistellung notwendig ist. Das Gesetz garantiert die Auszeit unabhängig von der Betriebsgröße. Der Arbeitsausfall aufgrund der Pflegezeit unterliegt einem besonderen Kündigungsschutz.

FAQ – Häufige Fragen zum Pflegeunterstützungsgeld

Das Pflegeunterstützungsgeld steht nahen Angehörigen zu, die sich im Ernstfall um die Pflege Ihres Familienmitglieds kümmern und dadurch einen Verdienstausfall erleiden.

Die Pflegekasse zahlt im Bedarfsfall 90 Prozent des Nettoentgelts. Hat der Arbeitgeber beitragspflichtige Einmalzahlungen getätigt, kann das Pflegeunterstützungsgeld auf 100 Prozent des Nettoentgelts ansteigen.

Der richtige Ansprechpartner zur Beantragung des Pflegeunterstützungsgeldes ist die Pflegekasse des Pflegebedürftigen.

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