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Plötzlich Pflegefall – was sind die nächsten Schritte?

Manchmal geht es ganz schnell – der Angehörige wird durch einen Unfall oder eine Erkrankung plötzlich zum Pflegefall. Das Leben aller Beteiligten steht dann Kopf, nichts ist mehr, wie es war.
Zeit zum Durchatmen bleibt kaum, denn es müssen zahlreiche wichtige Entscheidungen getroffen werden. Diese verändern in der Regel das weitere Leben des Pflegebedürftigen und möglicherweise auch das der Angehörigen. Genau deshalb sind eine strukturierte Vorgehensweise und das Einbinden von Hilfsangeboten sinnvoll.
Wir verraten Ihnen, was Sie bei einer plötzlichen Pflegebedürftigkeit tun können und wo Sie Hilfe im Pflegefall erhalten.

Das Wichtigste in Kürze

  • Bei einem plötzlichen Pflegefall ist es zunächst wichtig, Ruhe zu bewahren.
  • Eine strukturierte Vorgehensweise ist besonders empfehlenswert.
  • Pflegebedürftige bzw. Angehörige können sich zunächst einen Überblick über den Pflegebedarf und die finanzielle Situation verschaffen.
  • Bei rechtlichen Fragen sind beispielsweise Verbraucherzentralen, Sozialverbände oder die Unabhängige Patientenberatung mögliche Anlaufstellen.
  • Braucht der Angehörige finanzielle Unterstützung, zum Beispiel in Form von Sozialleistungen, informiert das zuständige Sozialamt.
  • Schnelle Hilfe im Pflegefall erhalten Betroffene außerdem bei der Pflegekasse, in Pflegestützpunkten oder im Krankenhaus.
Ploetlich Pflegefall Ph

CHECKLISTE

Plötzlich Pflegefall

Durch einen Unfall oder eine schnell voranschreitende Erkrankung können Menschen auch ganz plötzlich pflegebedürftig werden. Wir erklären Ihnen, wer Ihnen in dieser Situation zur Seite steht.

Die „Plötzlicher Pflegefall Checkliste“

Pflegefall, was tun? – Die Verunsicherung ist groß, möglicherweise fühlen Sie sich mit der Flut der anstehenden Entscheidungen auch überfordert. Besonders wichtig ist jetzt, Ruhe zu bewahren und nicht in Panik zu verfallen. Es gibt viele Lösungen, um die Pflege abzudecken – sowohl im häuslichen Umfeld als auch in einer stationären Einrichtung oder einer Wohngemeinschaft. Wir erklären Ihnen nun, was Sie im Pflegefall am besten als Erstes tun.
  1. Pflegebedarf ermitteln
  2. Pflegeoptionen abwägen
  3. Pflegeleistungen beantragen
  4. Rechtliche Vorsorge treffen
  5. Pflegekosten und -Finanzierung klären

1. Plötzlicher Pflegefall: Pflegebedarf erfassen

Im ersten Schritt erfolgt am besten die Erfassung des Pflegebedarfs. Dieser spielt eine große Rolle für die Organisation des Pflegealltags und die spätere Einstufung in einen Pflegegrad. Im Internet finden Sie verschiedene Pflegegradrechner. Damit ermitteln Sie den Unterstützungsbedarf und die noch vorhandene Selbstständigkeit Ihres Angehörigen. Das Ergebnis gibt Auskunft über die Pflegebedürftigkeit und die voraussichtliche Einstufung in einen Pflegegrad. Achtung: Ein Pflegegradrechner dient nur zur Orientierung. Das Gutachten des Medizinischen Dienstes und die Entscheidung der Pflegekasse bestimmen darüber, welchen Pflegegrad Ihr Familienmitglied erhält.

2. Plötzlicher Pflegefall: Die Form der Pflege wählen

Im Idealfall bespricht die Familie gemeinsam mit dem Pflegebedürftigen eine geeignete Pflegeform. Das empfiehlt sich grundsätzlich bei voranschreitenden Erkrankungen wie Multiple Sklerose, Parkinson oder Demenz. Hat sich die Pflegebedürftigkeit plötzlich ergeben, konnte sich die Familie in der Regel keinen Plan zurechtlegen. Nun muss zunächst die Entscheidung getroffen werden, ob eine ambulante Pflege oder stationäre Pflege infrage kommt. Möglicherweise ist die Pflegeleistung auch eine so große Herausforderung, dass nur eine stationäre Unterbringung erfolgen kann. Eine weitere Option ist die Inanspruchnahme der Tagespflege oder Nachtpflege – hier halten sich Pflegebedürftige regelmäßig nur einige Stunden in der Pflegeeinrichtung auf. Unser Tipp: Wägen Sie die Vor- und Nachteile der häuslichen Pflege und der stationären Pflege gegeneinander ab und treffen Sie dann gemeinsam mit dem Pflegebedürftigen eine Entscheidung. Wichtig ist, dass das Pflegekonzept mit den Bedürfnissen aller Beteiligten vereinbar ist.

3.  Plötzlicher Pflegefall: Einen Pflegegrad beantragen

Pflegegeld, Pflegesachleistungen, Entlastungsbetrag, Verhinderungspflege und Co. – damit Sie bzw. Ihr Familienmitglied möglichst rasch Leistungen der Pflegeversicherung erhalten/erhält, sollten Sie zeitnah einen Antrag auf Einstufung in einen Pflegegrad stellen. Für die Antragstellung wenden Sie sich an die Pflegekasse Ihres Angehörigen, die der jeweiligen Krankenkasse angegliedert ist. Sie können den Antrag telefonisch, per E-Mail oder schriftlich stellen, wobei die schriftliche Antragstellung aus Beweisgründen empfehlenswert ist. Das erforderliche Formular steht in der Regel auch auf der Website der Kranken- beziehungsweise Pflegekasse zum Herunterladen bereit. Halten Sie hier Ausschau nach einem Formular namens „Antrag auf Leistungen der Pflegeversicherung“.

4. Plötzlicher Pflegefall: die rechtliche Vertretung regeln

Sind wichtige Vollmachten und Verfügungen vorhanden? Wunderbar, denn damit sind die rechtlichen Voraussetzungen für die Pflege gegeben. Gemeint sind hier eine Vorsorgevollmacht, die Patientenverfügung und die Betreuungsverfügung. Mit einer Vorsorgevollmacht kann der Betroffene regeln, wer im Pflegefall für ihn, in welchen Bereichen und für welchen Zeitraum Entscheidungen treffen darf. In einer Betreuungsverfügung kann der Betroffene bereits zu einem frühen Zeitpunkt festlegen, wer ihn mit Eintritt des Pflegefalls betreuen soll. Eine Patientenverfügung sollte jeder haben, unabhängig vom Alter. Darin legt der Verfügende frühzeitig fest, welche lebenserhaltenden Maßnahmen im Falle einer Erkrankung ergriffen werden dürfen und welche nicht. Kann der Pflegebedürftige wichtige Entscheidungen nicht mehr selbst treffen und sind keine Vollmachten und Verfügungen vorhanden, können Sie sich als Angehöriger nur bedingt um seine Angelegenheiten kümmern. Dann haben Sie die Möglichkeit, einen Antrag auf Betreuung bei dem Amtsgericht zu stellen. Entscheidend ist dabei der Bezirk, in dem sich der Wohnsitz Ihres pflegebedürftigen Angehörigen befindet.

5. Die Finanzierung für den Pflegefall sicherstellen

Die finanzielle Situation ist sicherlich ein Thema, um das sich Pflegebedürftige und Angehörige häufig sorgen. Schließlich müssen nicht nur die Pflegekosten finanziert werden, auch der Lebensunterhalt muss abgesichert sein. Vielleicht entstehen auch zusätzliche Kosten im Rahmen eines Umzugs oder durch erforderliche Umbaumaßnahmen im Wohnumfeld. Genau deshalb ist es wichtig, sich zeitnah mit einigen Fragen zu beschäftigen. Dazu zählen:
  • Welche Kosten entstehen in naher und ferner Zukunft?
  • Sind Umbaumaßnahmen im häuslichen Umfeld nötig?
  • Wie viel Geld ist für den Lebensunterhalt erforderlich?
  • Was steht dem Pflegebedürftigen gesetzlich zu?
  • Hat der Betroffene finanzielle Rücklagen?
Klären Sie zunächst, ob der Pflegebedürftige möglicherweise eine private Pflegeversicherung abgeschlossen hat. Außerdem kommen Leistungen der Pflegekasse in Betracht. Die Höhe und der Umfang hängen vom zugeteilten Pflegegrad und von der Inanspruchnahme von Leistungen (ambulant oder stationär) ab.

Gut zu wissen!

Reichen das eigene Vermögen und die Leistungen der Pflegekasse nicht aus, um die durch den Pflegefall entstandenen Kosten zu decken, kann nach SGB XII (Sozialgesetzbuch, zwölftes Buch) Hilfe zur Pflege beantragt werden. Dann übernimmt der Staat alle Pflegekosten, die der Pflegebedürftige nicht selbst oder seine Kinder bzw. die Schwiegerkinder zahlen können.

Schnelle Hilfe im Pflegefall: Hier erhalten Sie umgehend Unterstützung

Viele Pflegebedürftige sagen: „Am Ende der Pflege habe ich gewusst, was ich zu Beginn der Pflege dringend gebraucht hätte”. Damit Sie von Anfang an die bestmögliche Unterstützung für Ihr Familienmitglied erhalten und nicht in eine Überforderungssituation geraten, haben wir für Sie wichtige Anlaufstellen zusammengefasst.

Hilfe bei Pflegefall: Unterstützung im Krankenhaus

Oftmals erfahren Patient:innen erst während eines Krankenhausaufenthaltes, dass Sie in Zukunft auf fremde Hilfe angewiesen sind. Das ist für viele Menschen schockierend. Die gute Nachricht: Die Krankenhäuser sind verpflichtet, sich um die Nachsorge der Patient:innen zu kümmern.

In der Regel ist der Sozialdienst im Krankenhaus dafür zuständig – er organisiert die weitere Versorgung. Die Sozialpädagog:innen und Sozialarbeiter:innen kümmern sich zum Beispiel um eine notwendige Anschlussbehandlung oder vermitteln einen Platz in der Kurzzeitpflege, bis alle weiteren Pflegemaßnahmen geklärt sind.

Auch bei der Organisation eines Pflegegrads und der häuslichen Pflege inklusive ambulantem Pflegedienst ist der Sozialdienst behilflich. Dieser erfährt übrigens über Mediziner:innen oder Pfleger:innen von der Pflegebedürftigkeit der Patient:innen. Sie können auch selbst den Sozialdienst beziehungsweise die Pflegeüberleitung kontaktieren.

Hilfe bei Pflegefall: Die Pflegeberatung der Pflegekassen

Um Leistungen wie Pflegegeld oder Verhinderungspflege zu erhalten, müssen Pflegebedürftige einen Antrag stellen. Nicht immer sind die Formulare leicht zu verstehen. Pflegekassen unterstützen pflegebedürftige Menschen und Angehörige bei der Antragstellung. Sie sind außerdem verpflichtet, umfassend über Angebote zur Pflege und über die Pflegeversicherung zu informieren.

Die Pflegekasse unterstützt Sie bei der Suche nach einem ambulanten Pflegedienst und beantwortet Ihre Fragen zu den Leistungen der Pflegeversicherung. Sobald Sie einen Antrag auf Pflegeleistungen eingereicht haben, bietet Ihnen die Pflegekasse einen Termin für eine kostenlose Pflegeberatung an. Auf Wunsch erstellen die Pflegeberater:innen auch einen individuellen Versorgungsplan und ermitteln den vorliegenden Pflegebedarf.

Hilfe bei Pflegefall: Anlaufstellen vor Ort

Wichtige Anlaufstellen sind Pflegestützpunkte, die einen Überblick über die Pflege- und Unterstützungsangebote vor Ort haben.

Hier erhalten Sie beispielsweise Antworten auf folgende Fragen:

  • Was muss ich bei der Beantragung von Hilfsmitteln beachten?
  • Welche Institutionen und Vereine unterstützen mich bei der häuslichen Pflege?
  • Gibt es Pflegeheime, die auf die Pflege von Demenzkranken spezialisiert sind?

Pflegestützpunkte beraten auch präventiv. So finden beispielsweise Vorträge über die richtige Ernährung, über die Vermeidung von Stürzen oder über barrierefreies Wohnen statt. Die Gestaltung der Pflegestützpunkte kann je nach Bundesland variieren. Wo sich der nächste Pflegestützpunkt befindet, erfahren Sie bei der Pflegekasse oder der Stadtverwaltung.

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