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- Pflegegesetz & Pflegerecht
Pflegereform 2023: Neuerungen im Überblick
Die Pflege der Liebsten ist nicht nur zeitaufwendig, sondern auch kostspielig. Diese Erfahrung machen vor allem Angehörige, die ein Familienmitglied zu Hause pflegen. Schon seit vielen Jahren werden deshalb Rufe nach einer Pflegegelderhöhung und einer besseren Absicherung der Pflegeheimkosten laut. Die neue Pflegereform 2023, angestoßen von Karl Lauterbach, soll nun für spürbare Entlastungen in der ambulanten und stationären Pflege sorgen.
Wir geben Ihnen einen Überblick über die wichtigsten Eckpunkte der Pflegereform 2023. Außerdem verraten wir Ihnen, wann Pflegebedürftige mit den ersten Entlastungen rechnen können.
01.01.2024 – NEWS! Entscheidende Änderungen treten in Kraft!
+++ Ab Januar 2024 erhalten Pflegebedürftige 5 % mehr Pflegesachleistungen und 5 % mehr Pflegegeld. Außerdem erhöhen sich die Zuschläge zu den Heim-Pflegekosten in Abhängigkeit von dem Pflegegrad um mehrere Prozentpunkte. Ebenfalls neu in 2024: Ein jährlicher Anspruch auf das Pflegeunterstützungsgeld.+++
26.05.2023 – NEWS! Pflegereform durch den Bundestag beschlossen!
+++ Die Pflegereform 2023 hat eine weitere Hürde gemeistert. Am 26.05.2023 stimmte der Bundestag den Plänen der Ampel-Koalition zu. Insgesamt 377 Abgeordnete gaben ihr „Ja“, 275 Abgeordnete stimmten dagegen – zwei weitere enthielten sich. Im Juni stimmt dann der Bundesrat über die Pläne von Karl Lauterbach ab. +++
23.05.2023 – NEWS! Flexibles Budget für die ambulante Pflege ist doch wieder da!
+++ Es ist eine Nachricht, die viele Pflegebedürftige und pflegende Angehörige wohl freuen dürfte. Laut Pressemitteilungen schafft es das flexible Budget für die Verhinderungspflege und die Kurzzeitpflege nun doch wieder in die Pflegereform. Vorher fiel sie dem Rotstift auf Drängen der FDP zum Opfer. Doch was bedeutet das, wenn sich das flexible Budget am Ende tatsächlich durchsetzt? In dem Fall hätten Pflegebedürftige einen Anspruch auf ein Gesamtbudget in Höhe von 3.539 Euro (ab dem Jahr 2025) . Dieses Budget könnten Sie ganz flexibel für beide Leistungen beanspruchen – je nachdem, ob Sie die eine oder andere Pflegekassenleistung benötigen. Einen Haken hat die gute Nachricht aber doch: Zur Gegenfinanzierung werden die ambulanten Leistungen Anfang 2025 dann nicht wie geplant um 5 %, sondern lediglich um 4,5 % erhöht. +++
Das Wichtigste in Kürze
- Die Pflegereform 2023 steht in den Startlöchern und sieht Verbesserungen für die ambulante und stationäre Pflege vor.
- In zwei Schritten profitieren Pflegebedürftige von mehr Geld- und Sachleistungen – erste Veränderungen werden schon im Jahr 2024 spürbar.
- Das Pflegegeld und die Pflegesachleistungen steigen ab 2024 um jeweils 5 % an.
- Die Digitalisierung und mehr Pflegepersonal in stationären Einrichtungen, angelehnt an den Bedarf, stehen ebenfalls im Vordergrund.
Was ist die Pflegereform 2023?
Die Pflegereform 2023 hat seinen Ursprung im Gesetzesentwurf für das Pflegeunterstützungs- und – entlastungsgesetz (PUEG). Das Ziel dieser Reform ist, das Ungleichgewicht zwischen Kosten und Entlastung von Pflegebedürftigen zu richten. Das Gesetz plant umfangreiche Änderungen für die häusliche und stationäre Pflege. Um die dadurch entstehenden Mehrkosten aufzufangen, gibt es im Zuge der Pflegereform 2023 eine Beitragserhöhung in der Pflegeversicherung.
Pflegebedürftige und pflegende Angehörige sind sich einig: (Finanzielle) Optimierungen im Pflegebereich sind schon längst überfällig.
Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) stärkt Betroffenen den Rücken:
„Die Pflegebedürftigen haben unsere volle Solidarität verdient. Da die Kosten von guter Pflege ständig steigen, darf die Solidargemeinschaft nicht wegschauen und diese höheren Kosten den zu Pflegenden und ihren Angehörigen überlassen….“
Welche Änderungen bringt die Pflegereform 2023 in Deutschland?
Lauterbachs Pflegereform ist ein buntes Maßnahmenpaket, das Pflegebedürftige, Pflegende und das Pflegesystem in den Mittelpunkt rückt.
Folgende Eckpunkte sind für die häusliche und stationäre Pflege vorgesehen:
- 5 % mehr Pflegegeld (Januar 2024)
- 5 % mehr Pflegesachleistungen (Januar 2024)
- Flexibles Budget für Kurzzeitpflege und Verhinderungspflege in Höhe von 3.539 Euro (Juli 2025)
- 10 Arbeitstage flexible Pflegeunterstützung pro Jahr mit dem Pflegeunterstützungsgeld (Januar 2024)
- Erhöhung der Pflegeheim-Zuschläge (Januar 2024)
- Bei 0 – 12 Monaten Verweildauer von 5 % auf 15 %
- bei 13 – 24 Monaten von 25 % auf 30 %
- bei 25 – 36 Monaten von 45 % auf 50 %
- bei mehr als 36 Monaten Verweildauer von 70 % auf 75 %
- automatische Anpassung der Sach- und Geldleistungen zum Januar 2025 und zum Januar 2028 – ausschlaggebend ist hier die Preisentwicklung.
- Begutachtungsverfahren wird klarer – die Pflegekasse sendet Antragssteller:innen neben dem Pflegebescheid künftig auch das Pflegegutachten automatisch zu. Außerdem bietet die Pflegekasse demnächst von Gutachter:innen empfohlene (Pflege-) Hilfsmittel an.
Diese Änderungen betreffen Pflegefachkräfte:
- Das Personalbemessungsverfahren, das genügend Personal für stationäre Einrichtungen vorsieht, soll beschleunigt werden – dafür sorgen weitere Ausbaustufen.
- Gründung eines Kompetenzzentrums Digitalisierung und Pflege.
- Das jetzige Förderprogramm für digitale und technische Anschaffungen in Pflegeeinrichtungen wird verlängert und ausgeweitet.
Pflegereform 2023: So viel Geld bekommen Pflegebedürftige ab 2024
Die Pflegereform sieht deutliche Optimierungen vor. Doch was bedeutet das Plus im Bereich Pflegegeld und Pflegesachleistungen tatsächlich für das Portmonee? Folgende Tabelle stellt die vorherigen Pflegekassen-Leistungen der Erhöhung gegenüber. Übrigens: Es sind weitere Erhöhungen zum Januar 2025 und Januar 2028 geplant. Im Jahr 2025 erfolgt zunächst eine pauschale Erhöhung der Geld- und Sachleistungen um 4,5 %. Ab 2028 ist die Erhöhung dann an die Preisentwicklung der letzten drei Jahre geknüpft – das ist wichtig, denn steigende Löhne wirken sich auch unmittelbar auf die Pflegekosten aus.
Pflegegrad | Pflegegeld 2023 | Pflegegeld 2024 (inkl. 5 % Erhöhung) | Pflegesachleistungen 2023 | Pflegesachleistungen 2024 (inkl. 5% Erhöhung) | Leistungsplus monatlich insgesamt |
1 | 0 € | 0 € | 0 € | 0 € | 0 € |
2 | 316 € | 332 € | 724 € | 761 € | 52 € |
3 | 545 € | 573 € | 1363 € | 1432 € | 95 € |
4 | 728 € | 765 € | 1693 € | 1778 € | 121 € |
5 | 901 € | 947 € | 2095 € | 2200 € | 150 € |
Tabelle 1: Eigene Darstellung, Beträge gerundet.
Warum betrifft die Pflegereform 2023 die “24-Stunden-Pflege”?
Viele Pflegebedürftige, die im häuslichen Umfeld verbleiben möchten, entscheiden sich für die sogenannte „24-Stunden-Pflege“. Oftmals kommen dabei osteuropäische Betreuungskräfte zum Einsatz, die sich liebevoll um die Senior:innen kümmern.
Pflegesachleistungen können Betroffene für die Bezahlung der Betreuungspersonen nicht aufwenden, da diese lediglich für professionelle Dienstleistungen eines Pflegedienstes vorgesehen sind. Trotzdem müssen Pflegebedürftige die sogenannte „24-Stunden-Pflege“ nicht vollständig aus eigener Tasche zahlen.
Das Pflegegeld, über das Versicherte frei entscheiden können, bietet sich für die Anstellung einer polnischen „Pflegekraft“ an. Mit der Erhöhung im Jahr 2024 steht Pflegebedürftigen auch mehr Budget für die Rundumbetreuung in den eigenen vier Wänden zur Verfügung.
Wie viel Pflegegeld Pflegehelden-Kund:innen zusteht, können Sie aus der oben stehenden Tabelle entnehmen. Generell gilt: Je höher Ihr Pflegegrad ist, desto höher fällt auch die Pflegegeldsteigerung aus.
Mehr Pflegeversicherungsbeiträge für eine bessere Versorgung
Um trotz gestiegener Kosten die jetzigen und zukünftigen Leistungen der Pflegekasse zu sichern, sieht die Pflegereform 2023 eine Erhöhung der Beiträge für die Pflegeversicherung vor. Der allgemeine Beitragssatz ist bereits zum Juli 2023 um 0,35 Prozentpunkte gestiegen – damit fließen Mehreinnahmen von etwa 6,6 Milliarden Euro jährlich in die Kasse.
Gleichzeitig entscheidet die Anzahl der Kinder über die jeweiligen Beiträge. Generell gilt: Je mehr Kinder, desto mehr Abschläge gibt es bei den Beiträgen. Das gilt allerdings nur bis die Erziehungszeit abgeschlossen ist, also bis zum 25. Lebensjahr des Nachwuchses. Danach zahlen Versicherte den regulären Beitragssatz für ein Kind, auch wenn sie mehrere haben.
Anzahl der Kinder | Beitrag für die Pflegeversicherung |
Versicherte ohne Kinder | 4 %, davon 2,3 % Arbeitnehmer-Anteil |
Versicherte mit 1 Kind | 3,4 %, davon 1,7 % Arbeitnehmer-Anteil |
Versicherte mit 2 Kindern | 3,15 %, davon 1,45 % Arbeitnehmer-Anteil |
Versicherte mit 3 Kindern | 2,9 %, davon 1,2 % Arbeitnehmer-Anteil |
Versicherte mit 4 Kindern | 2,65 %, davon 0,95 % Arbeitnehmer-Anteil |
Versicherte mit 5 oder mehr Kindern | 2,4 %, davon 0,7 % Arbeitnehmer-Anteil |
Tabelle 2: Eigene Darstellung in Anlehnung an: Reform der Pflegeversicherung: mehr Leistungen für stationäre und ambulante Pflege (bundesgesundheitsministerium.de)
Wann tritt die Pflegereform 2023 in Kraft?
Das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) hat den Gesetzgebungsprozess komplett durchlaufen, demnach steht den geplanten Änderungen nichts mehr im Weg. Von den ersten Änderungen profitieren Pflegebedürftige bereits seit Januar 2024 – oft wird deshalb auch von der Pflegereform 2024 gesprochen. Weitere Optimierungen folgen im Jahr 2025, zum Beispiel mit dem allgemeingültigen Entlastungsbudget, das die Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege einschließt. Im Jahr 2028 sollen die Pflegeleistungen nochmals ansteigen – die Pflegereform 2023 begleitet Pflegebedürftige also noch einige Jahre lang.
Weiterführende Informationen und hilfreiche Links
- Reform der Pflegeversicherung: mehr Leistungen für stationäre und ambulante Pflege | bundesgesundheitsministerium.de
- GE_Pflegeunterstuetzung_Kabinettvorlage.pdf | bundesgesundheitsministerium.de
- Pflegereform auf den Weg gebracht | Bundesregierung
- Pflegenetzwerk Deutschland: Das Personalbemessungsverfahren nach Prof. Rothgang | pflegenetzwerk-deutschland.de