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Pflegegrad 1 - Voraussetzungen & Geldleistungen

Im Jahr 2017 hat der Gesetzgeber die Pflegestufen in Pflegegrade umgewandelt – seither haben deutlich mehr Menschen einen Anspruch auf Leistungen der Pflegekasse. Der neu geschaffene Pflegegrad 1 berücksichtigt nun Personen, die sich noch weitgehend selbstständig bewegen können. In verschiedenen Alltagssituationen benötigen sie aufgrund motorischer oder kognitiver Einschränkungen jedoch Unterstützung.

Wir verraten Ihnen heute, welche Voraussetzungen Ihr Angehöriger für Pflegegrad 1 erfüllen muss und wie hoch die Unterstützungsleistungen dann ausfallen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Pflegegrad 1 entstand im Rahmen des Pflegestärkungsgesetzes. Er berücksichtigt seit 2017 auch Menschen, die bis dato keinen Anspruch auf Leistungen aus der Pflegekasse hatten.
  • Menschen mit Pflegegrad 1 sind weitestgehend selbstständig und benötigen nur vereinzelt Unterstützung im Alltag.
  • Nur wer einen anerkannten Pflegegrad besitzt, hat einen Anspruch auf Leistungen der Pflegekasse. Für eine Anerkennung ist eine Begutachtung durch den medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) erforderlich.

Definition Pflegegrad 1

Menschen mit Pflegegrad 1 besitzen eine geringe Beeinträchtigung ihrer Selbstständigkeit oder ihrer Fähigkeiten. Der Pflegegrad 1 wird beispielsweise bei überschaubaren körperlichen Beeinträchtigungen vergeben. So kann eine Person mit Gelenkerkrankungen oder Wirbelsäulenproblemen auf einzelne Unterstützungsleistungen angewiesen sein – bei der Inanspruchnahme hilft ihr der Pflegegrad 1.

Was sind Pflegegrade?

Pflegegrade bilden die Pflegebedürftigkeit eines Menschen anhand ihrer Selbstständigkeit ab. Das bedeutet: Je selbstständiger eine Person ist, desto niedriger fällt ihr Pflegegrad aus. Diese Beurteilung ist wichtig, damit zu Pflegende die Leistungen erhalten, die sie im Alltag benötigen. Mehr (zu Pflegegraden) erfahren

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Unser Service für Sie

Dr. Johannes Wimmer berät Sie zum
Thema „Pflegegrade“

Voraussetzungen für Pflegegrad 1

Personen, die eine „geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit“ aufweisen, erfüllen die Voraussetzung für Pflegegrad 1.

Zunächst muss die Pflegekasse aber feststellen, wie stark die Betroffenen auf die Hilfe von außen angewiesen sind. Um das herauszufinden, beauftragt die Pflegekasse den medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK). Die zugehörigen Gutachter:innen prüfen im häuslichen Umfeld die vorhandene Selbstständigkeit anhand eines speziellen Begutachtungsverfahrens (NBA).

Dabei vergeben sie Punkte, die den Pflegebedarf optimal abbilden. Menschen mit Pflegegrad 1 erreichen im Begutachtungsverfahren zwischen 12,5 und unter 27 Punkte.

Gut zu wissen!

Damit Ihr Familienmitglied einen Pflegegrad erhält, muss zunächst ein Pflegegutachten durchgeführt werden. Bei gesetzlich Versicherten ist der MDK dafür zuständig – Privatversicherte werden durch die MEDICPROOF begleitet.

Pflegegrad statt Pflegestufe: Änderungen seit 2017

Bis zum Jahr 2017 gab es drei Pflegestufen. Damals legte der Gesetzgeber die benötigten Pflegeminuten am Tag für die Berechnung der Pflegestufe zugrunde. Einen Nachteil hatten jene Menschen, die körperlich fit waren, aber aufgrund von psychischen oder geistigen Krankheiten Hilfe benötigten – sie erhielten bei Pflegestufe 0 nur recht überschaubare Leistungen.

Das hat sich mit dem Pflegestärkungsgesetz 2 geändert. Nun lösten fünf Pflegegrade die damaligen Pflegestufen ab.Die Pflegegrade betrachten die Pflegesituation differenzierter und lassen eine bessere Einschätzung der Pflegebedürftigkeit zu.

Fallbeispiel Pflegegrad 1

Frau Lemke ist 75 Jahre alt und lebt alleine in ihrer Wohnung. Geistig ist sie sehr fit und körperlich ist sie kaum eingeschränkt. Bisher kam sie im Alltag gut alleine zurecht und hat alle Aufgaben selbstständig bewältigt. Allerdings hat sie durch ihr Rheuma nun zunehmend Probleme damit, Einkäufe die Treppe hochzutragen und ihre Wohnung zu reinigen – zu sehr schmerzen ihre Knie- und Fingergelenke.

Auf Hilfe aus ihrem Familienkreis kann sie leider nicht hoffen, denn ihre Angehörigen wohnen zu weit weg. Frau Lemke entscheidet sich dazu, einen Pflegegrad zu beantragen. Im Rahmen der Begutachtung erhält sie weniger als 27 aber mehr als 12,5 Punkte und damit den Pflegegrad 1. Seitdem nutzt sie den Entlastungsbetrag in Höhe von 131 Euro, um eine Haushaltshilfe zu beschäftigen.

 

Leistungen bei Pflegegrad 1

Da Menschen mit Pflegegrad 1 noch recht selbstständig sind, fällt der Leistungsumfang der Pflegekasse hier entsprechend geringer aus. Trotzdem lohnt sich die Beantragung für Pflegebedürftige. Mit verschiedenen Zuschüssen können sie ihren Alltag vereinfachen und zum Beispiel Stürzen vorbeugen.

Folgende Tabelle zeigt Ihnen die Leistungen, die Ihrem Familienmitglied bei Pflegegrad 1 zustehen.

LeistungsartHöhe und Häufigkeit der Leistungen
PflegegeldKein Anspruch
PflegesachleistungenKein Anspruch
Tages- und NachtpflegeKein Anspruch
Vollstationäre Pflegekein Anspruch
KurzzeitpflegeKein Anspruch
VerhinderungspflegeKein Anspruch
Betreuungs- und Entlastungsleistungen131 Euro pro Monat
Zum Verbrauch bestimmte PflegehilfsmittelMax. 42 Euro pro Monat
WohnraumanpassungBis zu 4.180 Euro
Hausnotruf25,50 Euro monatlich
Wohngruppenzuschuss224 Euro pro Monat
 

Neue Regelung ab 2022

Ab Januar 2022 können sich Pflegebedürftige die Kosten für eine digitale Pflegeanwendung (DiPa) erstatten lassen. Eine entsprechende App kann Ihren Angehörigen und Sie als Pflegeperson bei der häuslichen Pflege unterstützen. Ein Anspruch auf die Kostenübernahme besteht bereits bei Pflegegrad 1. Laut dem SGB XI § 40b können Sie maximal 53 Euro für eine DiPa einplanen.

Pflegegeld und Pflegesachleistungen bei Pflegegrad 1

Pflegegeld und Pflegesachleistungen dienen dazu, die häusliche Pflege zu ermöglichen. Das Pflegegeld steht dem Pflegebedürftigen grundsätzlich frei zur Verfügung. Er kann damit beispielsweise eine polnische „Pflegekraft“ oder eine Reinigungskraft bezahlen. Viele Pflegebedürftige geben das Pflegegeld auch an Menschen weiter, die sie im Alltag unterstützen, zum Beispiel an Angehörige.

Pflegesachleistungen sind im Gegensatz zum Pflegegeld zweckgebunden. Der Betrag ist ausschließlich für professionelle Pflegekräfte vorgesehen, die im häuslichen Umfeld Pflegeleistungen erbringen.

Sowohl das Pflegegeld als auch die Pflegesachleistungen steigen mit zunehmendem Pflegegrad. Deshalb, weil Menschen mit zunehmender Einschränkung mehr Pflege benötigen. Das ist auch der Grund dafür, warum Ihrem Angehörigen mit Pflegegrad 1 weder Pflegegeld noch Pflegesachleistungen zustehen. Hier geht der Gesetzgeber davon aus, dass die Selbstständigkeit insoweit gegeben ist, dass solche Leistungen nicht nötig sind.

Kurzzeitpflege bei Pflegegrad 1

Bei der Kurzzeitpflege hält sich Ihr Angehöriger vorübergehend in einer stationären Pflegeeinrichtung auf. Das kann notwendig sein, wenn der Pflegefall sehr plötzlich eintritt oder die Pflegeperson akut erkrankt ist. Auch Umbaumaßnahmen im häuslichen Umfeld lassen eine vorübergehende Pflege in einer speziellen Einrichtung sinnvoll erscheinen. Bei Pflegegrad 1 ist ein Budget für die Kurzzeitpflege allerdings nicht vorgesehen.

Tagespflege & Nachtpflege bei Pflegegrad 1

Die Tages- bzw. Nachtpflege ist eine Ergänzung zur häuslichen Pflege. Hier verbringen Pflegebedürftige nur ein paar Stunden tagsüber oder während der Nacht in einer Pflegeeinrichtung. Danach werden sie wieder abgeholt und nach Hause gebracht.

Die Inanspruchnahme ist beispielsweise dann sinnvoll, wenn Sie als Pflegeperson berufstätig sind oder Ihr Angehöriger auch nachts eine Pflege benötigt. Allerdings hat Ihr Familienmitglied keinen Anspruch auf ein Budget für die Tages- und Nachtpflege und auch die vollstationäre Pflege ist aufgrund der körperlich recht guten Verfassung nicht vorgesehen.

Entlastungsbetrag bei Pflegegrad 1

Der Entlastungsbetrag steht allen Menschen mit einem Pflegegrad zu. Damit kann er auch Personen mit Pflegegrad 1 im Alltag unterstützen. Allerdings handelt es sich bei dieser Leistung der Pflegekasse um eine zweckgebundene Maßnahme. Die 131 Euro monatlich dürfen also nur für bestimmte Ausgaben geltend gemacht werden.

Pflegebedürftige können das Budget beispielsweise für eine Haushaltshilfe oder Betreuungsangebote einplanen. Bei Pflegegrad 1 gibt es eine Besonderheit: Betroffene haben hier die Möglichkeit, den Entlastungsbetrag für Leistungen ambulanter Pflegedienste zu nutzen. Das gilt ganz konkret für die körperbezogene Selbstversorgung – Ihr Familienmitglied kann mit dem Entlastungsbetrag beispielsweise die pflegerische Unterstützung beim Duschen oder Baden bezahlen.

Weitere Leistungen bei häuslicher Pflege und Pflegegrad 1

Die Pflegekassen-Leistungen bei Pflegegrad 1 konzentrieren sich darauf, die Selbstständigkeit der Pflegebedürftigen aufrechtzuerhalten und das Wohnen in den eigenen vier Wänden weiterhin zu ermöglichen.

Das gelingt beispielsweise durch folgende Leistungen:

  • Pflegeberatung:

    Pflegebedürftige Personen mit Pflegegrad 1 können sich bei ihrer Pflegekasse, einem privaten Versicherungsunternehmen oder in einem Pflegestützpunkt vor Ort Tipps und Unterstützung für ihre individuelle Pflegesituation holen. Außerdem haben sie halbjährlich einen Anspruch auf eine Beratung in der häuslichen Umgebung, die von einer zugelassenen Pflegefachkraft übernommen wird.

  • Pflegekurs:

    Pflegende Angehörige können kostenfrei an einem Pflegekurs teilnehmen. So können Sie Ihr Wissen über die häusliche Pflege vertiefen und lernen, wie Sie sich bei der Pflege nicht überlasten.

  • Wohnraumanpassung:

    Oft ist es nötig, die Wohnumgebung an die Pflegesituation anzupassen. Eine barrierefreie Dusche oder der Einbau eines Treppenliftes kann eine wohnumfeldverbessernde Maßnahme sein. Die Pflegekasse beteiligt sich mit einem Zuschuss in Höhe von bis zu 4.180 Euro an solchen Umbaumaßnahmen. Für einen Hausnotruf können Pflegebedürftige zudem bis zu 25,50 Euro jeden Monat einplanen.

  • Pflegehilfsmittelpauschale:

    Bettschutzeinlagen, Desinfektionsmittel, Mundschutzmasken, Einmalhandschuhe – das alles sind Beispiele für Pflegehilfsmittel zum Verbrauch. Menschen mit Pflegegrad 1 haben jeden Monat einen Anspruch auf 42 Euro für solche Pflegeprodukte. Betroffene können sich die Pflegehilfsmittel erstatten lassen oder nutzen direkt eine Pflegehilfsmittelbox – hier kümmert sich der Dienstleister um die Abrechnung mit der Pflegekasse.

  • Wohngruppenzuschuss:

    Wohnt Ihr Familienmitglied in einer Wohngruppe, die ambulant betreut wird, besteht der Anspruch auf einen Wohngruppenzuschlag in Höhe von 224 Euro pro Monat. Voraussetzungen sind, dass mindestens drei Bewohner in einer gemeinsamen Wohnung leben und dort pflegerische Unterstützung erhalten

FAQ – Häufige Fragen zu Pflegegrad 1

Bei Pflegegrad 1 besitzen Menschen eine „geringe Beeinträchtigung der Selbständigkeit“. Das bedeutet, sie sind nur auf eine überschaubare Unterstützung im Alltag angewiesen.

Pflegegrad 1 erhält, wer bei der Pflegebegutachtung, mehr als 12,5 aber weniger als 27 Punkte erreicht.

Damit Betroffene Pflegegrad 1 zugesprochen bekommen, müssen sie zunächst einen Pflegegrad beantragen. Im Anschluss erfolgt ein Pflegegutachten, das den späteren Pflegegrad entscheidend mitbestimmt.

Pflegegeld gibt es bei Pflegegrad 1 nicht. Allerdings können Betroffene den zweckgebundenen Entlastungsbetrag einplanen – dieser beträgt 131 Euro monatlich.

Menschen mit Pflegegrad 1 haben eine geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit. Sie können beispielsweise unter Gelenkschmerzen leiden – Betroffene sind in der Regel aber weitestgehend körperlich fit.

Dipl. Ges. Oec. (FH) Jennifer Ann Steinort
Fachjournalistin für Gesundheit/Medizin & Familie

Über unsere Autor:innen

Jennifer Ann Steinort ist Autorin bei den Pflegehelden. Sie verfasst Ratgeber, die Pflegebedürftigen und pflegenden Angehörigen Tipps für den Pflegealltag vermitteln. Ihre Schwerpunkte liegen dabei auf den Themen Finanzierung, Pflegemaßnahmen und Wohlbefinden. Ihr persönliches Anliegen ist, selbst komplexe Sachverhalte leserfreundlich zu formulieren.

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